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Dienstag, 19. März 2013

Madeira - Anreise: Mein Aufbruch in einen Pauschalurlaub

Tag 1

Seit 2 Jahren wohne ich jetzt schon in Berlin. Seit März 2012 mit festem Wohnsitz. Da ich nun sesshaft geworden bin, entwickle ich mich langsam aber sicher zum Spießer – das ist meine zweite Pauschalreise, die ich buche (nach Mallorca!).
Last-Minute-Suchmaschinen - manchmal sind sie ganz brauchbar.
Über 3 Wochen hatte ich dieses Mal die Preise beobachtet, kannte schon alle Hotelnamen mitsamt Lage und Ausstattung auswendig. Diesmal wollte ich nur WARM, siehe deutsches Winterwetter, uns allem schmerzhaft gegenwärtig. 
Aber so einfach war es nun auch wieder nicht. 
Warm, aber kein Touristenghetto, bitte mit Busanschluss und nicht weit von einer Stadt mit normalen Menschen. Biodiversität, wahlweise über oder unter Wasser, aber wenn unter Wasser, dann schnorcheltaugliche Wassertemperaturen.
Die Pauschalreisepreise vor Ostern schießen jeden Tag weiter in die Höhe. 
2 Tage vor Abreise wird dann plötzlich einer krank. 
7 Tage Madeira, Canico de Baixo - ich schlage zu.

Madeira! 
Die Blumeninsel, die Wanderinsel – und das Beste: Es gibt Wale! 
Obwohl - Blumeninsel, Wanderinsel – hört sich auf den ersten Blick nach Rentnerurlaub an...

Der Altersdurchschnitt im Flieger liegt dann auch bei ca. 65, von 2 jungen Müttern mit Säuglingen, einem jungen verliebten Pärchen und mir massiv nach unten gedrückt.
Ich frage mich, warum in den Osterferien die Preise für Madeira durch die Decke gehen – hier musste doch fast keiner Urlaub nehmen! 

Als wir landen, klatschen alle...

Am Kofferband draußen arbeitet ein auffallend gut aussehender Madeirer. Seine Kollegen sind auch sehr sympatisch. Aber er ist der Chef, hat die Liste in der Hand...Macht macht sexy. 
Ich wünsche mir, am Kofferband würden fünf gleich aussehende, grauhaarige Rentner arbeiten, dafür aber wäre der Flieger voll von jungen Kofferbandarbeitern.

Im Bus neben mir sitzt ein älterer Gentleman. Laut Eigenaussage ist er zum 13. Mal auf Madeira und kennt sich aus. Als ich ihn frage, was er so empfehlen kann, sagt er, ich solle die geführten Wanderungen vom TUI-Schalter buchen, die wüssten, wo alles liege. 
Wo die Eukalyptus- und Lorbeerwälder sind, will ich wissen. 
Er meint, da müsse ich die Lorbeerwald-Wanderung buchen, aber wo genau die Wälder liegen, wisse er nicht. Dann macht er sich in herablassendem Ton über meine Schuhe lustig, die ja gar keine Wanderschuhe seien. Wie war das nochmal mit dem Gentleman? „Alt“ ist nicht immer gleich zu setzten mit „weise“.

Am gleichen Tag unternehme ich eine Wanderung zur Kirche des Dorfes. Canico Baixo liegt an der Küste, das Hotel direkt am Meer. Zum Hauptort läuft man eine Stunde und hat einen Anstieg zu überwinden, der trainierte Schenkel erfordert.
In meinem Dorf gibt es eine Straße, die für mich immer als die steilste Straße der Welt galt. Hier auf Madeira wird mein Horizont dahingehend erweitert – noch nie habe ich eine Landschaft gesehen, die so bergig ist, aber trotzdem so genial von ihren Bewohnern genutzt wird.




Alles findet auf verschiedenen Etagen statt. Das Land fällt so stark ab und schießt so steil in die Höhe, dass man seine Wahrnehmung umstellen muss. Wo der normale Deutsche nach rechts und links guckt, um den Verkehr zu überprüfen und dann vielleicht noch nach unten, um Trittfehler zu vermeiden, solltest Du hier lernen, auch nach oben zu gucken – und zwar in verschiedene Höhen, denn das Meiste ist viele Etagen über Dir an eine der Felswände geklatscht.


Eine architektonische Meisterleistung, was die Einwohner sich hier haben einfallen lassen. Das Straßensystem aus Tunneln und Brücken, die gute Infrastruktur mittels Bussen und allem voran das unglaublich gut durchdachte Bewässerungssystem der Insel lassen auf äußerst intelligente Einwohner schließen.

Als ich an der Kirche ankomme, habe ich schätzungsweise 500 Höhenmeter hinter mir und meine Beinen fühlen sich an wie in Milch getunkte Brötchen.

Helligkeit, Sonne, milde Luft, weiches Wasser, Meer, Blütenmeere, Gemüsebeete, Fruchtbäume aller Sorten, Kakteen, Sukkulenten...das alles ist ein Luxus, den ich dankbar zu schätzen weiß, nach einem der dunkelsten Winter der deutschen Wetteraufzeichnung. 

Außerdem soll es hier noch sagenhaften frischen Fisch und generell total gesunde Mahlzeiten mit viel selbst geerntetem Gemüse geben (ich freue mich schon aufs Abendessen). Madeira ist das Paradies!

Besonders begeistert mich das Klima! Das ganze Jahr ändert sich nicht viel. Im Sommer ist es etwas heißer, aber im Winter wird es nie richtig kalt. Auch der Unterschied zwischen Tag und Nacht ist nicht besonders groß. Regnet es, heißt das nicht, dass es automatisch viel kälter wird.

Als ich meine fahle, schuppige Winterhaut, die mich im Moment an den Kalk-Nagestein meines früheren Meerschweinchens erinnert und die dünn herabhängenden, ausgetrockneten Haare das erste Mal dem Madeirawasser aussetzte, erfahre ich eine wunderbare Wandlung. Das Haar plustert sich sofort pudelmäßig auf. Auch die Haut atmet auf – das Klima ist feucht-warm, tropisch, geradezu dschungelmäßig!!! 
Begeisterung an allen Fronten.

Abends probiere ich eine der Spezialitäten des Landes – den Degenfisch
Der Degenfisch ist ein Fisch der Finsternis, hat Augen so groß wie der Durchmesser einer Herrenuhr und wird in 1500 m Tiefe gefangen.
Es gibt viele Rezepte mit Degenfisch, aber am bekanntesten ist er gebraten in einer leichten Panade, garniert mit gebackenen Honig-Bananen. Da ich das an diesem Abend noch nicht weiß, nehme ich Degenfisch mit Krabbensoße. Hätte ich an diesem Tag aber schon herausgefunden, dass der Degenfisch mit Banane noch viel viel besser schmeckt, hätte ich von Anfang an jeden Tag nur Bananen-Degenfisch gegessen.


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