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Freitag, 22. März 2013

Boca do Risco: Pico do Facho bis Santa Cruz

Tag 4

Heute habe ich was vor! Wandern auf einer der berühmtesten Routen der Insel – dem Boca do Risco. 

Laut Reiseführer soll die ganze Wanderung vom Ausgangspunkt Pico do Facho (Bushaltestelle Pico do Facho, Tunnel) bis nach Santa Cruz 4,5 Stunden dauern. Für Ungeübte wird vorgeschlagen, nur die Levada entlang bis zum Boca do Risco zu laufen, dort die schöne Aussicht zu genießen und dann wieder auf gleichem Wege zurück zu laufen, was 3 Stunden dauern würde.

An der besagten Start-Bushaltestelle hätte ich eigentlich vermutet, dass der halbe Bus an Touristen hier aussteigt. Komischerweise werden nur ein anderes jüngeres Pärchen und ich an dieser Stelle aus dem Bus geworfen.
Nach anfänglichen Einstiegsschwierigkeiten (Wo ist denn jetzt das kleine Haus, wo laut Reiseführer die Levada anfangen soll?) gehen wir vorbei an wunderschönen Gärten und lustig aussehenden Hunden hinein in die bunt blühende Natur, die von einigen freilaufenden Ziegen im Zaum gehalten wird.




Diese Aussicht!
Ich mache Rast auf einem riesigen runden Stein direkt an der Steilküste und packe meine Ananas-Banane aus. Es ist zwar windig, aber die Sonne knallt vom Himmel. Wenn jetzt noch ein Wal vorbei schwimmen würde, wäre mein Glück perfekt.
Leider stellt sich heraus, dass mich der Ananas-Bananen-Mann beschissen hat. Die gekaufte Ananas-Banane ist noch gar nicht reif, innen grün und trocken.


Der weitere Weg ist ein dünner, meist erdiger, gut begehbarer Pfad, der jedoch gutes Gleichgewichtsvermögen und Konzentration erfordert, da das Gelände ohne jegliche Begrenzung zur Küstenseite fast senkrecht abfällt.

Eukalyptuswald



Unterwegs gibt es zahlreiche Fettblattarten, Lorbeerbäume und Eukalyptusbäume zu bestaunen.

Nach ca. 3,5 Stunden erscheint das kleine Städtchen Santa Cruz am Horizont und erste Gemüsefelder kommen dazu. Dass das Städtchen nicht mehr weit weg ist, will nicht heißen, dass man gleich da ist. 
Es sind noch einige tiefe Schluchten zu bewältigen, und wenn man die Bundesstraße läuft, weil man die Abkürzung für Wanderer verfehlt hat, läuft man ungefähr 3mal so weit. 
Da ich aber mein schlaues Buch dabei habe und dazu noch jede Oma frage, die ich auf dem Weg treffe, verfehle ich diese Abkürzung nicht und mäandere das letzte Stück parallel zum (Stein-)Strand Hügel auf, Hügel ab, bis hinein ins kleine beschauliche Santa Cruz, wo der Kaffee 80 Cent kostet und die Mädchen an der Bushaltestelle sich alle Mühe geben, in ihrem Schul-Englisch auf meine Fragen zu antworten.

Da der Bus dann auch gleich kommt und auch noch erfreulicherweise bis nach Canico durch fährt, bin ich hier auch wieder more than happy.

Donnerstag, 21. März 2013

Botanik, Weltwandertag, Regen

Tag 3
Heute ist Weltwandertag! Wen interessierts? 
Naja, mich normalerweise auch nicht, aber bei einigen Touristenattraktionen ist heute wegen des Weltwandertages der Eintritt frei. 

Ich entscheide mich für den botanischen Garten.
Hier könnte man Stunden verbringen! 

Am besten gefallen mir die fettblättrigen Arten....



Ich photographiere gerade mit meiner tollen neuen Nahlinse, da ist der botanische Garten auf einmal leer. Vor lauter Begeisterung über den Macadamia-Nussbaum und die darunter 'rum wieselnden Gärtner hatte ich gar nicht bemerkt, dass es angefangen hatte, zu regnen. 
Als ich dann bester Laune in meiner wasserdichten Outdoorjacke zur Bushaltestelle schlendere, finde ich dort ein ganzes Pulk von Touristen vor, dass sich unter dem kleinen Wartehäuschendach zusammendrängt wie eine Schafherde bei Minusgraden. Ich dagegen stelle mich entspannt abseits in den Regen – immer schön antizyklisch bleiben.

Mittwoch, 20. März 2013

Funchal und Monte

Die Madeirer sind nicht nur gut ausgebildet, sondern besitzen auch ein hohes Maß an emotionaler Intelligenz. 
Der Busfahrer zum Beispiel bleibt noch beim 100sten Touristen, der immer die gleiche Frage stellt, aufrichtig freundlich und hilfsbereit. Außerdem wartet er, bis alle im Bus sich hingesetzt haben und fährt dann erst los. Im Bus wird viel geschwätzt und gelacht, die Aussicht auf die Küste und die Steilhänge ist herrlich, und ach! - diese Sonne!

Ich fahre heute mit der Seilbahn von Funchal aus auf den Berg nach Monte, wo ich mich über die endemische Flora der Insel erkundigen will.

Unterwegs raschelt und kreucht es überall im Unterholz – das ist der Gartenlizzard, die einzige Art, die es vom Festland auf die Insel geschafft hat. Ansonsten gibt es unter den Reptilien/Amphibien nur Frösche, die die Wahl zwischen unzähligen Wasserauffangbecken, die bei den meisten Bewohnern zum Garten gehören, haben.
Überhaupt gibt es wenige Tiere zu bestaunen. Es singen zwar ein paar Vögel, aber die Artenvielfalt ist sehr gering. Auch die Spatzen fehlen.


Die Hunde in Madeira sehen meist ziemlich lustig aus. Kleine gedrungene Gesellen mit lustig abstehenden Ohren oder Haarbüscheln, meist mit einem Lächeln auf den Lippen und selten schlecht gelaunt.


Zu den Attraktionen in Monte gehört die Seilbahn, die botanischen Gärten und die Korbschlitten, die nach uralter Tradition von Männern in blauen Hemden und hellem Hut betrieben werden. 

Die Schlitten haben 2 Sitze und Rollen. Wenn zwei meist leibesfüllige Touristen einsteigen, rennt der Korbschlittenfahrer die steil abfallende Straße neben dem Schlitten her und versucht durch spezielle Bremsbelege an seinen Schuhen den Schlitten halbwegs unter Kontrolle zu halten. Was passiert, wenn er unverhofft in die Eisen gehen muss, habe ich nicht beobachtet. Allerdings wird diese Tradition auch nur auf ruhigen Straßen ausgeübt.  


Für den Rest des Tages nehme ich mir einen Teil von Funchal vor. Die Stadt hat einiges zu bieten. Mal abgesehen von den wunderschönen Jakaranda-Bäumen, die teilweise schon aufgeblüht sind (Jakaranda gibt’s hier in orange und lila) gibt es auch eine Reihe von schönen historischen Gebäuden, den Hafen, die Stadtgärten, eine Markthalle und natürlich eine lange Einkaufsmeile.




In der Markthalle gibt es seltsame Kreaturen. Hier haben die schlauen Madeirer allen Ernstes eine Kreuzung zwischen Ananas und Banane gezüchtet.


Das Erstaunliche ist, dass diese Frucht wirklich zu 50% nach Banane und zu 50% nach Ananas schmeckt. Außer der Ananas-Banane gibt es noch andere Züchtungen, wie die Ananas-Madura und die Maracuja-Banane. Es gibt auch frische Avocados in einer Größe, die ich vorher noch nie gesehen habe.




Dienstag, 19. März 2013

Madeira - Anreise: Mein Aufbruch in einen Pauschalurlaub

Tag 1

Seit 2 Jahren wohne ich jetzt schon in Berlin. Seit März 2012 mit festem Wohnsitz. Da ich nun sesshaft geworden bin, entwickle ich mich langsam aber sicher zum Spießer – das ist meine zweite Pauschalreise, die ich buche (nach Mallorca!).
Last-Minute-Suchmaschinen - manchmal sind sie ganz brauchbar.
Über 3 Wochen hatte ich dieses Mal die Preise beobachtet, kannte schon alle Hotelnamen mitsamt Lage und Ausstattung auswendig. Diesmal wollte ich nur WARM, siehe deutsches Winterwetter, uns allem schmerzhaft gegenwärtig. 
Aber so einfach war es nun auch wieder nicht. 
Warm, aber kein Touristenghetto, bitte mit Busanschluss und nicht weit von einer Stadt mit normalen Menschen. Biodiversität, wahlweise über oder unter Wasser, aber wenn unter Wasser, dann schnorcheltaugliche Wassertemperaturen.
Die Pauschalreisepreise vor Ostern schießen jeden Tag weiter in die Höhe. 
2 Tage vor Abreise wird dann plötzlich einer krank. 
7 Tage Madeira, Canico de Baixo - ich schlage zu.

Madeira! 
Die Blumeninsel, die Wanderinsel – und das Beste: Es gibt Wale! 
Obwohl - Blumeninsel, Wanderinsel – hört sich auf den ersten Blick nach Rentnerurlaub an...

Der Altersdurchschnitt im Flieger liegt dann auch bei ca. 65, von 2 jungen Müttern mit Säuglingen, einem jungen verliebten Pärchen und mir massiv nach unten gedrückt.
Ich frage mich, warum in den Osterferien die Preise für Madeira durch die Decke gehen – hier musste doch fast keiner Urlaub nehmen! 

Als wir landen, klatschen alle...

Am Kofferband draußen arbeitet ein auffallend gut aussehender Madeirer. Seine Kollegen sind auch sehr sympatisch. Aber er ist der Chef, hat die Liste in der Hand...Macht macht sexy. 
Ich wünsche mir, am Kofferband würden fünf gleich aussehende, grauhaarige Rentner arbeiten, dafür aber wäre der Flieger voll von jungen Kofferbandarbeitern.

Im Bus neben mir sitzt ein älterer Gentleman. Laut Eigenaussage ist er zum 13. Mal auf Madeira und kennt sich aus. Als ich ihn frage, was er so empfehlen kann, sagt er, ich solle die geführten Wanderungen vom TUI-Schalter buchen, die wüssten, wo alles liege. 
Wo die Eukalyptus- und Lorbeerwälder sind, will ich wissen. 
Er meint, da müsse ich die Lorbeerwald-Wanderung buchen, aber wo genau die Wälder liegen, wisse er nicht. Dann macht er sich in herablassendem Ton über meine Schuhe lustig, die ja gar keine Wanderschuhe seien. Wie war das nochmal mit dem Gentleman? „Alt“ ist nicht immer gleich zu setzten mit „weise“.

Am gleichen Tag unternehme ich eine Wanderung zur Kirche des Dorfes. Canico Baixo liegt an der Küste, das Hotel direkt am Meer. Zum Hauptort läuft man eine Stunde und hat einen Anstieg zu überwinden, der trainierte Schenkel erfordert.
In meinem Dorf gibt es eine Straße, die für mich immer als die steilste Straße der Welt galt. Hier auf Madeira wird mein Horizont dahingehend erweitert – noch nie habe ich eine Landschaft gesehen, die so bergig ist, aber trotzdem so genial von ihren Bewohnern genutzt wird.




Alles findet auf verschiedenen Etagen statt. Das Land fällt so stark ab und schießt so steil in die Höhe, dass man seine Wahrnehmung umstellen muss. Wo der normale Deutsche nach rechts und links guckt, um den Verkehr zu überprüfen und dann vielleicht noch nach unten, um Trittfehler zu vermeiden, solltest Du hier lernen, auch nach oben zu gucken – und zwar in verschiedene Höhen, denn das Meiste ist viele Etagen über Dir an eine der Felswände geklatscht.


Eine architektonische Meisterleistung, was die Einwohner sich hier haben einfallen lassen. Das Straßensystem aus Tunneln und Brücken, die gute Infrastruktur mittels Bussen und allem voran das unglaublich gut durchdachte Bewässerungssystem der Insel lassen auf äußerst intelligente Einwohner schließen.

Als ich an der Kirche ankomme, habe ich schätzungsweise 500 Höhenmeter hinter mir und meine Beinen fühlen sich an wie in Milch getunkte Brötchen.

Helligkeit, Sonne, milde Luft, weiches Wasser, Meer, Blütenmeere, Gemüsebeete, Fruchtbäume aller Sorten, Kakteen, Sukkulenten...das alles ist ein Luxus, den ich dankbar zu schätzen weiß, nach einem der dunkelsten Winter der deutschen Wetteraufzeichnung. 

Außerdem soll es hier noch sagenhaften frischen Fisch und generell total gesunde Mahlzeiten mit viel selbst geerntetem Gemüse geben (ich freue mich schon aufs Abendessen). Madeira ist das Paradies!

Besonders begeistert mich das Klima! Das ganze Jahr ändert sich nicht viel. Im Sommer ist es etwas heißer, aber im Winter wird es nie richtig kalt. Auch der Unterschied zwischen Tag und Nacht ist nicht besonders groß. Regnet es, heißt das nicht, dass es automatisch viel kälter wird.

Als ich meine fahle, schuppige Winterhaut, die mich im Moment an den Kalk-Nagestein meines früheren Meerschweinchens erinnert und die dünn herabhängenden, ausgetrockneten Haare das erste Mal dem Madeirawasser aussetzte, erfahre ich eine wunderbare Wandlung. Das Haar plustert sich sofort pudelmäßig auf. Auch die Haut atmet auf – das Klima ist feucht-warm, tropisch, geradezu dschungelmäßig!!! 
Begeisterung an allen Fronten.

Abends probiere ich eine der Spezialitäten des Landes – den Degenfisch
Der Degenfisch ist ein Fisch der Finsternis, hat Augen so groß wie der Durchmesser einer Herrenuhr und wird in 1500 m Tiefe gefangen.
Es gibt viele Rezepte mit Degenfisch, aber am bekanntesten ist er gebraten in einer leichten Panade, garniert mit gebackenen Honig-Bananen. Da ich das an diesem Abend noch nicht weiß, nehme ich Degenfisch mit Krabbensoße. Hätte ich an diesem Tag aber schon herausgefunden, dass der Degenfisch mit Banane noch viel viel besser schmeckt, hätte ich von Anfang an jeden Tag nur Bananen-Degenfisch gegessen.