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Mittwoch, 28. April 2010

Perhentian, Malaysia

Perhentian ist eine Insel an der Nordostküste Malaysias und ist ideal zum Tauchen und Schnorcheln. Es gibt riesige Meeresschildkröten und Katzenhaie. 
Nach unserem Aufenthalt im Vipassana Meditationszentrum wollen wir jetzt erstmal reden, uns bewegen und uns des Lebens freuen. Deshalb hier erstmal nicht viele Worte, sondern schöne Bilder aus Malaysia's Unter- und Überwasserwelt. 



Get the flash player here: http://www.adobe.com/flashplayer

Samstag, 24. April 2010

Vipassana Schweigeretreat - Teil 2

5.Tag – Equanimity

Die neue Übung der Inspektion des Körpers nach Gefühlen ist aaanstrengend...


Heute kristallisierte sich heraus, dass es ziemlich frustrierend ist, nichts zu spüren außer Jucken und Schmerz. Man soll üben, seine negativen Gefühle zu akzeptieren und nicht vertreiben zu wollen, genauso wie man positive Gefühle nicht versuchen sollte, fest zu halten.


Alle Gefühle, egal welcher Art, seien Zeichen der Veränderung.


Verstehe. Theoretisch. Oder doch nicht? Wozu soll das alles gut sein? Wäre ich draußen in der Natur, könnte ich mich bewegen, dann hätte ich diese ganzen unangenehmen Gefühle nicht! Stattdessen sitzen wir hier Stunde um Stunde und spielen unseren Tod!
Das Problem ist die ungewohnte Situation gepaart mit der neuen Denkweise, die man nicht so einfach aus dem Stegreif anwenden kann. Denn es handelt sich hier um eine tief greifende Operation der Psyche (sagt auch der Guru).


In den Meditations-Sitzungen sitzt du, wie der Name schon sagt, Stunde um Stunde bewegungslos herum und entwickelst Schmerzen in sämtlichen Gliedern. Du leidest. Aber Du sagst Dir: „Ich darf keine Aversion gegen den Schmerz haben“. Du sollst ihn nur beobachten, er kommt und geht. Wenn die Zeit mal auch vorbeigehen würde! Stattdessen werden Minuten zu Stunden und Du beobachtest und beobachtest Deinen Schmerz und versuchst, ihn schön zu finden.
Aber manchmal wird der Schmerz nicht besser vom Hingucken!


Nun könntest du dich schon wieder aufregen, weil Du gedacht hast: „Der Schmerz wird nicht BESSER!“ Denn damit hast du den Schmerz bewertet! Und zwar als mies.


Das heißt, Du hast eine Gier entwickelt, und zwar nach einem besseren Gefühl. Du denkst an die Zukunft: „Nur noch 5 Tage und ich darf in mein altes, geordnetes Leben zurück!“


Du solltest aber ursprünglich neutral reagieren. Nichts wünschen, nichts vermissen. Einfach nur den Moment leben und zufrieden sein. Jetzt ärgerst du dich, dass du nicht zufrieden bist. Dann fällt dir ein, dass du dich nicht ärgern darfst und ärgerst dich, dass du dich ärgerst.


Du fühlst Dich mies, weil du immer so negativ bist. Dann versuchst du wieder, deine schlechte Laune zu rechtfertigen, indem du dir sagst: „Ja, wie auch! Unter diesen Umständen...“


Aber gleich tut es Dir wieder Leid: „Nein, so darfst du nicht denken! Keiner hat Schuld daran, dass Du hier rumsitzt. Du hast diesen Kurs ja freiwillig angefangen...“


Und so geht es den ganzen Tag, auf und nieder, unaufhörlich, endlos...denn du hast 18 Stunden am Tag, in denen du nachdenken kannst...
Unter dem Stichwort „Equanimity“ (zu deutsch: Gleichmut, Gelassenheit) soll man sich, so lehrt das Dhamma, von der Gier und des Fest-Halten-Wollens verabschieden. Durch die Gier im Menschen, wird das Schicksal in Gang gesetzt und schlechte Gedanken multiplizieren sich. Das liegt bei materiellen Dingen auf der Hand: Denn materiellen Besitz anzuhäufen, das ist ein Fass ohne Boden – hat man viel, will man mehr. Ein Ende ist nicht in Sicht.

Im Gefühlsbereich wird's aber unübersichtlicher:
Sicher ist „Haben-Wollen“ dazu da, ein Gefühl zu befriedigen und gleichsam mit dem materiellen Besitz, ein Fass ohne Boden.


Aber so ganz und gar abstellen kann man dieses Gefühl nicht und es ist nur allzu natürlich, denn – was ist so schlimm daran, glücklich sein zu „wollen“, Erfolg haben zu „wollen“, keine Schmerzen haben zu „wollen“?


Schließlich „wollen“ wir ja hier auch jeden Tag um 4 Uhr aufstehen und „wollen“ den ganzen Tag sitzen und meditieren. Streben ist nun mal Streben. Ohne Streben kein Progress.


Äh ja, und jetzt?


Einigen wir uns darauf, dass Streben ok ist, aber Gier nicht.

Die allabendliche Rede des Gurus Mr. Goenka ist auch nicht gerade leicht verdaulich:
Es geht darum, weshalb wir uns den ganzen Tag damit abquälen mussten, unseren Körper zu beobachten. Zur Steigerung des Ganzen sollten wir dabei eine geschlagene Stunde still sitzen, ohne auch nur ein Fingerchen zu bewegen. Ich hielt 40 Minuten durch, immerhin...
Trotzdem war mir bis dato noch nicht ganz klar, wofür das alles gut sein sollte. Ich war von Natur aus kein sehr schmerzempfindlicher Mensch. Nun sollte ich mich auf meine Empfindungen konzentrieren und hatte Angst, dabei mein Schmerzempfinden zu züchten, was geheißen hätte, noch mehr zu leiden. Und noch mehr leiden wollte ich nicht. Alles war ja schon schwer genug!



Mr. Goenka belehrt uns eines Besseren: Genau darauf käme es an! Er hatte uns absichtlich in diese unangenehme Situation geschupst, damit wir lernen, mit negativen Gefühlen umzugehen. Man sollte die Körperreaktionen auf das Stillsitzen bewusst durchleben und den dabei entstehenden Schmerz als wertneutral betrachten. Von außen. Nur beobachten. Denn er kommt und geht von allein.


Und wenn etwas von allein geht, dann brauche man auch gar nicht einzugreifen, dann solle man es einfach so akzeptieren, wie es ist, und vorbeiziehen lassen.


Durch die Übung, den Schmerz zu beobachten, würde man dann mit der Zeit die Empfindung abbauen und irgendwann keinen Schmerz mehr empfinden. Wie der Fakir sozusagen. Schmerz als reine Gewöhnungssache. Alles klar?


Klingt theoretisch super. Praktisch ist es ein Desaster.
Wenn wir Schmerz nicht brauchen, warum hat dann eigentlich jedes Lebewesen dieses Empfinden? Und warum versuchen Hund, Katze oder Riesenkalmar dann nicht auch, ihren Schmerz zu überkommen? Haben wir diesen Lebewesen wirklich so viel voraus?


Ist es nicht eigentlich super, Gefühle zu haben? Und hatten diese meditierenden Brokkolis (unsere Lehrer) eigentlich jemals realen Schmerz in ihrem Leben zu bewältigen? Hat Herr Goenka und Co. je ein schlechtes Elternhaus oder Umfeld erlebt, in dem er gekränkt, erniedrigt, geschlagen oder sogar missbraucht wurde? Würde er dann die gleichen Übungen vorschlagen?


Herr G. Meint: Ja, genau diese Leute können in seinem Kurs das Meiste lernen.


Aber Herr. Gs. Ausführungen gehen noch weiter: Diese Übung soll uns auch klarmachen, dass in jedem von uns ein Verlangen nach mehr und ein Festhalten an dem, was wir als „Ich“ und „Mein“ definieren.
Und dieses Festhalten wäre falsch, denn es sei nicht der gottgegebene Weg.
Schon die Definition, die wir von „Ich“ und „Mein“ haben, sei unlogisch. Denn was sei „Ich“? Der Körper? Die Seele? Der Charakter? Ja, vielleicht sogar unser Besitz?


Stimmt. Zugegebenermaßen definieren sich heutzutage viele Menschen über ihren Besitz, weil es irgendwie besser ankommt, zu sagen: „Ich habe soviel Geld, dass ich mir das Haus, das Auto und die Yacht locker leisten kann“ als zu sagen: „Ich definiere mich über meine Persönlichkeit, weil ich versuche, nicht zu lügen, andere glücklich zu machen und der Gewalt und Aggression durch Nächstenliebe entgegenzuwirken“. Obwohl der erste Satz nichts aussagt, wird er von den meisten Menschen als positiv wahrgenommen, währenddessen letzterer oft belächelt wird.  Komisch, oder? Eigentlich müsste es genau anders rum sein...


Aber selbst Persönlichkeit scheint in Herrn Goenkas Welt keine Bedeutung zu haben, denn er findet, schon allein das Wort „Ich“ sei ein Verderbnis. Man solle sich lieber mit gar nichts identifizieren, weil ja sowieso alles vergänglich sei. Nur wer sich selbst nicht mehr wichtig nehme, könne den immer wiederkehrenden Zyklus von Leid durch Wiedergeburt durchbrechen.


Klingt nobel, zugegeben. Aber klingt leider auch wie ein unerreichbares Ziel.


Vielleicht will Gott uns doch einfach nur unser Leben genießen sehen, natürlich unter Beachtung von gewissen moralischen Regeln. Wenn Gott wollte, dass der Mensch sich als Person aufgibt, warum haben wir dann dieses Ich-Bewusstsein bekommen? Nur, um es zu bekämpfen?
Außerdem glauben einige Bevölkerungsteile dieser Erde ja noch nicht mal an Wiedergeburt, unter anderem auch ich. Da fällt sogleich ein wichtiges Nahziel weg.


6.Tag

Nachdem ich gestern die Entscheidung getroffen habe, dass ich den Kurs zu Ende bringe, aber für Dinge wie die völlige Aufgabe des „Ich“ und „Mein“ noch Zeit brauche, fühle ich mich heute morgen motiviert und erleichtert. Erstaunlicherweise kann ich mich bei der ersten bewegungslosen Meditations-Stunde auch ganz wunderbar konzentrieren. Die sonst bei mir immer-währenden Nackenschmerzen sind auch weg. Noch nicht mal die Knie tun weh. Komisch. Sollte das ganze Gefühle doch rein psychisch sein?


Der weitere Morgen verläuft gut, ich bin bestens gelaunt, bedingt durch das Erfolgserlebnis, eine Stunde still gesessen zu haben. Am Nachmittag wird's dagegen wieder problematisch. Durch die unheimliche Schwüle übertreffen sich die Fliegen mal wieder in Dreistigkeit.
Ich überdauere trotzdem ganze 45 Minuten regungslos unter etlichen Fliegenbesuchen auf Nase, Beinen, Ohren und Augenlid und bin stolz auf mich. In den letzten 15 Minuten empfinde ich starke Schmerzen in den Kniegelenken. Es macht mir aber nicht viel aus. Ich beginne nun, den Schmerz zu mögen. Erste Fortschritte...

7.Tag

Laut Herrn Goenka ändert sich ständig alles. Nichts bleibt, wie es ist.


So auch meine Laune.


Gestern morgen und Mittag super, gegen Abend mal wieder am Rande des Erträglichen, durchzogen von Misstrauen gegenüber der ganzen Einrichtung, zerfressen von Selbstzweifeln und genervt von den langen Arbeitsstunden.
Heute morgen nicht viel besser. Bis Mittag – starke Still-sitze-Aversion.


Nach dem Mittagessen spreche ich mit meinem Stoffhasen. Der Stoffhase kommt aus Vietnam und hing als Deko an einem Stoffrucksack, sodass ich ihn mitsamt des Rucksacks erstanden hatte.


Ein Glück ist mit Hasen reden nicht verboten. Nach dem Gespräch mit dem Hasen geht es mir besser.
Ich sage mir, gut!, wenn ich den Bodycheck nicht schaffe und die Energiewellen halt nicht durch meinen Körper fegen, dann bleibt halt alles so, wie es ist. VOR diesem Kurs war ich ja schließlich auch zufrieden mit meinem Leben!
Damit nehme ich mir einen großen Teil des Stresses von der Seele, den ich ja selbst verursacht hatte.


Erstaunlicherweise kann ich mich bei der Nachmittagssitzung wieder gut konzentrieren. Ich sehe zum ersten Mal meine Körperteile von innen. Das mit dem Flow klappt aber noch nicht.


Als Flow bezeichnet man es, wenn sich im Körper keine tauben oder gefühllosen Stellen mehr befinden. Wenn das der Fall ist, wird die Konzentration, die man von Körperteil zu Körperteil lenkt zu einem Energiefluss. Dieser Energiefluss verselbstständigt sich, sodass es sich anfühlen soll, als wenn einem einer einen Eimer Wasser über den Kopf schüttete.


Tag 9

Gestern war ein Tag mit Höhen und Tiefen, eigentlich wie alle Tage zuvor. Die Momente der Zufriedenheit kommen, genau wie die Momente der Frustration, in Intervallen.
Wobei die Momente der Frustration leider immer noch überwiegen. Ich habe sogar manchmal das Gefühl, ich hätte meine Aversionen nicht abgebaut, sondern geradezu gezüchtet. Dies wird bestimmt nicht nur mir so gehen, obwohl ich vermute, dass es bei kritischen Menschen wie mir ohnehin viel länger dauert, ihre Zweifel abzubauen.


Goenka's Lehre ist ja auch nicht erst seit diesem Kurs bekannt. Im Grunde lebt man diese Lehre automatisch aus sich selbst heraus, wenn man nur ein bisschen über den rechten Weg zu leben nachdenkt. Ich kann guten Gewissens behaupten, dass ich die Philosophie des Dhamma in den letzten Jahren ansatzweise gelebt habe, ohne aber je etwas über Dhamma oder Meditation gelesen zu haben.


Ein Fazit zu ziehen, ist schwer.
Es ist vielleicht sogar unmöglich, viele Dinge treffen zusammen, jeder Tag und jede Stunde ist anders, abhängig von Tagesform, Tageszeit, Sitzposition, Hitze, Kälte, Erfahrungen.
Die Rahmenbedingungen sind in Ordnung. Gutes Essen, weiches Bett, alles sauber.
Den Rest macht die Psyche und das Wenige an Input, was man so aufschnappt.


Heute zum Beispiel konnte ich mich konzentrieren, weil ich nicht mehr erwartete, dass ich zum Super-Erleuchteten werde. Ich hatte zwar immer noch keinen Flow, ich wartete aber auch nicht mehr darauf, sondern legte mehr Wert auf die Konzentration an sich, die bei mir immer noch nicht scharf genug ist. Allerdings bin ich mir sicher, dass meine Laune sofort wieder auf dem Nullpunkt wäre, wenn mir einer sagen würde, ich müsste noch weitere 10 Tage in dieser Einrichtung bleiben.


Abschließender Regelcheck (das sind Regeln, die wir zum Anfang des Kurses unterzeichnet und versprochen haben, zu befolgen):
  • Kein Tier töten: Gebrochen.
2 Spinnen: Unterlassene Hilfeleistung. Die eine fiel von selbst in den Wäscheeimer und ertrank, die andere wurde versehentlich beim Duschen fort gespült. 2 Mücken: Tötung im Affekt.
Ca. 20 Ameisen: Aus Versehen, Tasse drauf gestellt. Wer würde schon mutwillig einer Ameise etwas zu Leide tun? Ameisen sind nützlich und pflichtbewusster als so mancher Mensch.

  • Keine toxischen Mittel konsumieren. Gehalten.
  • Nicht sprechen.
Zählt jetzt der Stoffhase, oder nicht?

  • Nicht lesen, nicht schreiben: Gebrochen.
Ich habe dieses Tagebuch geschrieben.

  • Nicht lügen: Gebrochen.
Ich habe gelogen, indem ich geschrieben habe. Denn ich hatte vorher versprochen, nichts zu schreiben.







Sonntag, 18. April 2010

Vipassana Meditation Center, Kuantan, Malaysia

Es ist eine echte Extremsituation.
Ich befinde mich in Kuantan, Malaysia, von dem ich noch nichts gesehen habe, da wir uns direkt in ein 10-tägiges Meditations-Retreat begeben haben. Am 1., 2. und 3. Tag ist es mir nicht möglich, auch nur das Geringste auf zu schreiben. Man kann einfach keinen klaren Gedanken fassen! Man ist wie im Nebel – in totale Verwirrung getaucht. Davon ganz abgesehen, ist es verboten, zu schreiben. Aber diese Regel breche ich nun, da ich dokumentieren will, was in mir vorging.

Fangen wir von vorne an:
Der erste Tag beginnt für mich mit dem Schock des frühen Aufstehens. Um 4 Uhr ertönt der Weck-Gong. Um 4:30 Uhr müssen alle in der Halle versammelt sein zur ersten Meditation, die bis 6:30 Uhr andauert.
Mr. Goenka wird nicht zitiert und seine Lehre nicht von Anderen unterrichtet, auf das sie im Original und unverfälscht den Schüler erreiche. Wir sollen nun nicht mehr nur die Nase, sondern den ganzen Körper spüren. Dabei geht man geordnet vor. Erst Kopf, Gesicht, Hals, rechter Arm, linker Arm, Vorderseite des Körpers, Rückseite des Körpers, Beine und Füße.


Wer nun meint, ach was, man sitze doch eh den ganzen Tag faul herum und habe genügend Zeit zum Nachdenken und Entspannen, der irrt gewaltig!

Die ersten 3 Tage konzentriert man sich nur auf seinen Atem. Wie er in die Nase einströmt und wie er ausströmt.

Dabei ist es wichtig, dass man nur beobachtet und sich keine Gefühle dazu erfindet oder weg denkt. Man solle sich voll und ganz auf das Hier und Jetzt konzentrieren, auf die Gegenwart. Denn wir sind gewohnt, in der Vergangenheit und Zukunft zu denken und das sei nicht gut – so rät der Guru – denn wenn man nicht lernt, im Hier und Jetzt zufrieden zu sein, dann wird man es auch in Zukunft nicht sein.

So kommt es also, dass man am Tag 12 Stunden damit verbringt, seine Nase zu beobachten. Harte Arbeit.

Gegen die ungewohnte Situation rebelliert der Körper und der Verstand mit aller Kraft.

Denn wir sind nicht darauf trainiert, uns auf nur eine Sache zu konzentrieren im Zeitalter des Multitasking.

Unser Verstand wird täglich durch verschiedenste Ablenkungen, wie Fernsehen, laute Musik, Arbeitswelt und Motorenlärm immer schwächer und schwächer gemacht. Der Verstand ist derart verwirrt, dass wir die meisten Gedanken, die wir haben (die ohnehin unwichtig sind) noch nicht einmal zu ende denken. Geschweige denn, dass wir am Tagesende noch wüssten, was wir heute alles gedacht haben.

Nun kommt dieser durchlöcherte Verstand in die Situation, wo er sich 12 Stunden ohne größere Pausen konzentrieren soll.

Ohne Übertreibung – die ersten 3 Tage sind furchtbar. Man kann sich keine 3 Minuten am Stück konzentrieren, geschweige denn eine ganze Stunde. Derart viele Gedanken schießen einem durch den Kopf, dass man Angst hat, durchzudrehen. Diese Gedanken sind blödsinnig, nicht vollständig, meist von Ablehnung und Zweifeln durchzogen.

Man regt sich über sich selbst auf: Kann ich denn wirklich keinen klaren Gedanken fassen? Was soll all dieser Blödsinn in meinem Kopf? Bin ich am Ende doch nur ein schlechter, verbitterter Mensch, der nur Negatives denken kann? Warum komme ich nicht klar? Ich muss doch einfach nur an „Nichts“ denken!

Aber du kannst nicht an „Nichts“ denken, um keinen Preis der Welt.

Der Verstand ist voll von Aversionen. Er ist irritiert bis ins Äußerste, denn er muss zum ersten Mal seine gewohnten Bahnen verlassen.

Dazu kommen die körperlichen Beschwerden. Das lange Stillsitzen und die ungewohnte, aufrechte Haltung. Das frühe Aufstehen. Das Sprech- , Schreib- und Leseverbot. Der fehlende Ausgleich zum Feierabend – denn es gibt keinen Feierabend. Die Freiheit, sich zu bewegen. Das Gelände ist klein und darf nicht verlassen werden. Man kann einen gepflasterten Weg auf dem Gelände auf und ab laufen, was ich jeden Abend – aus lauter Not - auch tue. Die Berührung mit der Natur und ihre Nutzung als Energiequelle fällt so gut wie weg.

Manche Menschen scheinen natur- und freiheitsliebender zu sein, als andere. Jedenfalls scheint es den meisten nicht viel aus zu machen, dass sie sich den ganzen Tag nicht bewegen. Ich dagegen laufe den gepflasterten Weg auf und ab wie eine Ratte in einem zu engen Käfig.

Darüber hinaus sind weitere Regeln für Freigeister schwer erträglich: Die Abgabe sämtlicher Wertsachen inklusive das Ausweises. Das Gelände darf auf keine Fall vor den 10 Tagen verlassen werden. Die Passabgabe finde ich persönlich bedenklich: Denn wie soll man einem Meister vertrauen, der seinen Schülern nicht vertraut?

Der 3. Tag


Es ist so heiß, dass man beim Meditieren eigentlich nur mit Schwitzen und Sitzen beschäftigt ist – ein Gewitter zieht auf. Die Fliegen schwirren herum und setzen sich immer wieder hartnäckig auf die verschwitzte Haut. Die Mitmeditierenden husten und schnupfen, einige chinesische Kollegen rülpsen ungeniert. Die Luft steht.

3 Tage sind nun schon vergangen und ich habe das Gefühl, wir hätten noch nichts gelernt, außer unsere Nase zu beobachten. Aber diese 3 Tage haben ihre Berechtigung. In diesen 3 Tagen haben wir unseren Verstand darauf trainiert, sich auf eine bestimmte Sache zu konzentrieren und allen anderen Gedanken keine Bedeutung bei zu messen. Beharrlich zu bleiben, Gedanken kommen und gehen zu lassen. Das Gefühl der Frustration, immer wieder an irgendwas denken zu müssen, weicht langsam aber sicher der Geduld und der Einsicht, dass Dinge Zeit brauchen und nicht erzwingbar sind.

Letztendlich wird der Geist ruhiger und die ganz wilden Gedankenblitze nehmen ab.

Der 4. Tag

Heute wir alles anders. Anfänglich lässt man uns wiederholt unsere Nase beobachten. Doch am Nachmittag gibt es eine neue Anweisung der Meisters per Videobotschaft.


Es ist wichtig, keinen Teil des Körpers unbeobachtet zu lassen. Dies würde verursachen, dass man grob von Reiz zu Reiz springt, was dazu führt, dass man die Konzentration nur auf die groben Reize des Körpers beschränkt.
Fortsetzung folgt....

Montag, 12. April 2010

Langkawi – 1. Tag: Mies und fies, 2. Tag: Happy End im Sumpfgebiet

Jeder, dem ich in Thailand erzählt hatte, dass ich nach Langkawi fahre, fragte mich, was ich da wolle. Langkawi sei dreckig und die Malayen hätten kein Benehmen. 
Jetzt, wo ich auf Langkawi bin , muss ich sagen - naja, die Leute hatten gar nicht so unrecht. Wenn man sich, so wie ich, dort einquartiert, wo es die billigsten Herbergen gibt, landet man an Cenang Beach...

Den Cenang Beach kann ich wirklich niemandem empfehlen. Es sei denn, man nutzt dort nur die Unterkunft und sucht tagsüber schleunigst das Weite im Umland, dass beeindruckend ist - man muss es nur finden. 

Am Cenang Beach jedenfalls riecht es schlimm. Eine Mischung aus Müll und Kanalisation. In dem Zimmer, das ich gemietet habe, tummeln sich handgroße Wollmäuse wobei das Zimmer wohlgemerkt fast doppelt so teuer wie ein vergleichbares, sauberes Zimmer in Thailand ist. Über das Bad wollen wir gar nicht reden.

Es gibt eine Hauptstraße, an der sich Laden an Laden, Restaurant an Restaurant reiht. Nicht anders als in Thailand sollte man meinen, doch ist die Atmosphäre hier irgendwie viel anstrengender - lautes Motorengeräusch, Abgase, "hello Lady"-Rufe, nirgends kann man sich entspannen.


Am zweiten Tag schaue ich mich etwas genauer um und laufe erstmal weg von dem Gewimmel. Es stellt sich heraus, dass man wunderbar weit am Strand entlang laufen kann und das Touristen- und Verkäufergewimmel weicht bald einer ländlichen Idylle mit kleinen Buchten, Vögeln auf den Bäumen und nett grüßenden Menschen. 
Ich komme an einen Feldweg, der auf eine weite Aue führt. Rechts und links des Weges befindet sich ein Sumpfgebiet mit dichtem Schilfbewuchs. Es tschilpt und fiept überall! 

Hach, bin ich erleichtert! Malaysia kann so schön sein, wenn man nicht in den Hotelburgen verweilt. Ich sehe die tollsten Vögel: Schwalben, Reiher, sogar einige Eisvögel!
...Der zweite Tag also: Happy End im Naturreservat.









Freitag, 9. April 2010

Dritte Klasse - Hühnerklasse

Nach einem Stop-over in Bangkok, der eher problematisch war wegen der Eskalation zwischen Protestanten (Gelb- und Rothemden) mache ich mich schon mal auf nach Malaysia. K. bleibt noch in Bangkok, da sie einen Massage-Kurs belegt hat.


Mein Ziel: Langkawi, Malaysia.
Mein Verkehrsmittel: Die thailändische Bahn....
...leider nicht ganz....



Als ich in Bangkok am Bahnhof bin, stellt sich heraus, dass alle Züge bis zum 13.04.10 ausbucht sind – wegen Songkla, dem buddhistischen Neujahrsfest.



Ich muss also von Bangkok nach Surat Thani mit dem Bus fahren. Um 6 Uhr morgens kommen wir in einem Vorort von an Surath Thani an, von dem noch ein Taxi in die Stadt genommen werden muss.
Am nächsten Morgen nehme ich den Zug nach Hat Yai, das ist die letzte Stadt vor der malaiischen Grenze. 3. Klasse - alles andere ist ausgebucht.
Nach anfänglichem Rumsuchen nach einem Platz in den überfüllten Wagons fischt mich ein thailändisch/chinesischer Geschäftsmann auf, der gerade im ganzen Zug sein Produkt - chinesische Dampfnudeln mit verschiedenen, sehr künstlich aussehenden Milchschaum-Füllungen, in einer schweinchen-rosa Verpackung, verteilt.



Mein neuer Freund bringt mich zu einem Wagon, der sich als der Bürowagon des Zugpersonals herausstellt. Hier ist es viel besser! Es gibt genug freie Sitze und die Wagentür ist offen, sodass man freie Sicht auf die wunderschöne Natur und alle vorbeiziehenden Bahnhöfe hat.






Es fahren mit mir im Wagon: 5 Hühner in handlichen Tragekartons, der Chinese und natürlich die Schaffner.






Als Nächstes deckt mich der Chinese mit Süßigkeiten ein. Im 30-Minuten-Takt bringt er Eis, Cola mit Eis, eine große Tüte Schweineschwartenchips, Eistee, 1 Flasche Wasser, Erdnüsse wieder Cola und dann wieder seine selbst produzierten Mini-Dampfnudeln.
Das Eis übrigens, ist interessant: Es ist ein Reis-Kokosnuss-Brot-Eis. Eine Kugel Kokos-Eis, darunter Brotstücken in süßer Milch, darunter süßer Reis.



Der Chinese unterhält den ganzen Zug. Er kennt wahnsinnig wichtige Leute, seine Geschäfte laufen wahnsinnig gut und so weiter. Außerdem ist er wahnsinnig dick. So dick, dass er andauernd in den schmalen Waggon-Türen hängen bleibt.



In Hat Yai angekommen fahre ich zum Busbahnhof und nehme den nächsten Bus nach Satun, die Stadt, von der aus das Boot nach Langkawi fährt.